Montag, 11. November 2013

"Destiny is for losers..

... it's just a stupid excuse to wait for things to happen instead of making them happen."
Von meinen ursprünglichen 297 Tagen in Amerika sind genau heute 100 rum. Welch ein Zufall. Ein Drittel meiner kostbaren Zeit in den Staaten. Mehr als 3 Monate. Ich könnte jetzt noch weiter dramatisch drumherum schreiben, aber ich glaube, die Botschaft ist angekommen. Ich bin gerade noch ein bisschen im Schockzustand. Klar habe ich einen groben Überblick - zeitlich gesehen - aber dieses Ereignis in meinem Kalender zu sehen, war doch eher merkwürdig. 
Mein obiges Zitat habe ich Blair Waldorff aus Gossip Girl geklaut. Das ist freakig. Aber es ist genau die Lektion, die ich lernen musste oder vielmehr noch dabei bin zu lernen. Ohne Mama, die in mein Schicksal eingegriffen hat, würde ich nicht um 2 Uhr morgens eurer Zeit auf meinem Kingsize Bett in Amerika liegen, heiße Schokolade mit Marshmallows trinken (nicht ohne schlechtes Gewissen) und über die vergangenen drei Monate reflektieren. Ich bin eher so der faule Typ. Mama ist diejenige, die die Dinge anpackt und nicht bloß darüber redet. Nicht umsonst ist sie mein Vorbild. Wäre Mama nicht in letzter Minute mit der Idee aufgekommen, ihre Tochter für ein Jahr ins Weite zu schicken, würde ich jetzt selig schlummernd in Wülperode in meinem Mini-Bett liegen, mich mit dem Oberstufenstress rumschlagen, vielleicht sogar schon einen Führerschein haben und meine Nachmittage trotz wartender Hausaufgaben lieber mit anderen (unwichtigeren) Dingen vertrödeln. In gewisser Weise war Amerika mein Weckruf. Ich habe mich in den vergangenen drei Monaten verändert. Und nach 100 vollendeten Tagen möchte ich darauf jetzt zurückblicken. 

1. Lektionen, die es auf die harte Tour zu lernen galt
Dieses erste Drittel war aufregend, verwirrend und vor allem tränenreich. Ich glaube, ich habe mit Ausnahme meiner ersten drei Lebensjahre noch nie so häufig geweint. Mein Anfang war nicht ganz leicht. Ich denke mal, so geht es jedem Austauschschüler zum Beginn des "größten Abenteuer deines Lebens". Ja, ein Abenteuer ist es definitiv. Aber nicht immer ist man dankbar dafür. Rausgerissen aus meinem gewohnten Umfeld und in ein neues Leben geworfen, habe ich zu allererst mal mein Selbstbewusstsein verloren. Das hat sich noch immer nicht ganz regeneriert und ich fühle mich extrem schnell unwohl und hilflos. Seitdem ich hier Freunde habe, wird es besser. Ich fühle mich nicht mehr so allein. Flüchtige Bekanntschaften sind ja schön und gut, aber irgendwie ist es nicht ganz das Wahre. Ich hab auf die harte Tour lernen müssen, dass man den ersten Schritt machen muss, wenn man neu ist zwischen Leuten, die nicht zwanghaft neue Bekanntschaften schließen müssen. Ich bin eher still in größeren Gruppen und ich brauche meine Zeit, mit Leuten warm zu werden. An manchen Tagen hab ich mich dann einfach gezwungen, auf Leute zuzugehen und sie irgendwas Banales zu fragen oder ihnen ein Kompliment zu machen. In den Nachrichten in der Schule sagen sie jeden Morgen "Making a great day - or not. The Choice is your's" und ich kann unseren Nachrichtensprechern nur Recht geben. Es ist alles eine Frage der Einstellung. Jeder hat sein Schicksal selbst in der Hand. Bla Bla Bla. Mein Trotz beweist nur, wie wahr diese Sprichwörter sind. An alle künftigen Austauschschüler: Ihr findet keine Freunde, indem ihr darauf wartet, dass die anderen auf euch zugehen, nur weil ihr neu seid und ganz offensichtlich Austauschschüler. Wenn ihr nichts zu sagen habt, hält deren Interesse für 2 Sekunden an und dann seid ihr langweilig. Viele eurer Gespräche werden sich um euer Heimatland drehen und ob ihr Amerika mögt. Das bietet sich nur an. Ihr müsst euch verkaufen. Aufgrund von mangelhaftem Englisch kommt man nicht so rüber, wie man es vielleicht in Deutschland tut. Wer eher sarkastisch ist, bekommt hier ein echtes Problem. Amerikaner sind vorsichtig im Umgang mit Sarkasmus. Und über eine Kultur, die man nicht kennt, sollte man besser keine Witze machen. Amis lieben es, Positives über ihr Land zu hören. Sie sind eben stolz. Redet nicht darüber, wie geschockt ihr von all den Übergewichtigen seid, die ihr durch die Gegend stampfen seht. Lasst nicht euren Frust über die nicht ganz so gute Schokolade raus und beschwert euch um Himmels Willen nicht über das Verhältnis der Amerikaner zu ihren Autos/dem Jagen/der Kirche/der Politik/Football/Abfall/Alabama/Bacon etc. Seid so positiv wie möglich und versucht auch wirklich, die Welt ein bisschen farbenfroher zu sehen. Es gibt eine Menge toller Sachen hier. So viele, dass ich an manchen Tagen mir schon mein zukünftiges Leben in Amerika ausmale. Enthusiasmus, viel mehr Möglichkeiten, ein Zimmer einzurichten oder zu dekorieren, 1000 Drive Throughs (bei uns Drive Ins genannt), unheimlich gute Pizza, offene Menschen, viel mehr Fächer, die man in der Schule belegen kann, günstige Marken und und und. Solche Kleinigkeiten helfen mir dabei, mich an den harten Tagen nicht nach Deutschland zurückzuwünschen. Meine Zeit hier ist kostbar - und nicht unendlich. So viel habe ich nach 100 Tagen dann auch gemerkt. 




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