Sonntag, 20. Oktober 2013

Sammelsurium #2

Ich habe mir zwar vorgenommen, wieder ein bisschen öfter zu schreiben. Aber öfter als einmal pro Woche ist dann doch nicht drin. 
Heute gibt es das zweite Sammelsurium. Ich nehme dauernd Bilder mit meinem Telefon auf. Meistens von Essen. Aber die erspare ich euch, da werdet ihr nur neidisch. 



Etwas verschwommen, aber dieses Vild musste mit. Das ist Graham, mein sechsjähriger Gastbruder, der gerade einen 50er Karton Chips in den Einkaufswagen schmuggeln will. Leider war er damit nicht ganz so unauffällig, wie er es gehofft hatte. 
Diese übergroßen Packungen sind hier nicht selten. Wer einmal durch Sam's Club gegangen ist, wird das Gefühl nicht los, in einem dieser Großhandel einzukaufen, die eigentlich für Restaurants oder sowas gedacht sind. ALLES hier ist größer. Nur die Nutella-Gläser nicht. Die sind kleiner und teurer. Shampoo bekommt man praktisch nur in Literflaschen, amerikanische Tiefkühlpizza ist beinah doppelt so groß wie deutsche und Hühnchenbrust gibt es eingefroren in 5-Kilo-Säcken. 
Meine Gastfamilie kauft einmal pro Woche ein. Dementsprechende Ausmaße hat der Konsumrausch also auch. Melanie und ich laufen eine Stunde durch Walmart, gehen dann rüber zu Sam's und das war's dann meistens schon. Es gibt wahrscheinlich nichts, wS Malmart nicht verkauft. Drogerieprodukte, Sportgeräte, Teppiche, Kleidung, Weltraumnahrung, Bärenfallen. Waffen habe ich noch nicht gesehen. Aber vielleicht lagern die nur einfach in der hinteren Ecke. Meine Gastfamilie besitzt übrigens keine Waffen. Dass die Amerikaner Waffennarren sind, ist aber nicht nur ein Klischee. Mein Spanischlehrer begibt sich nicht ohne auf den Highway. Manche meiner Bekannten in meinem Alter haben sogar schon eigene Waffen. Ich glaube, ich habe in meinem Leben noch nie eine Waffe angefasst. Das wird sich im Laufe dieses Jahres wohl noch ändern. 



Das war an Homecoming. Wir haben in Europa diese völlig verkitschte Vorstellung von Homecoming. Für diejenigen unter euch, die nicht wissen, was das ist: Homecoming ist ein Ball, nach dem dritten Footballgame der Saison. Meiner war extrem früh dieses Jahr. Statt sich romantisch umschlungen zu ruhiger Musik über die Tanzfläche zu schieben, dröhnt laute Hip Hop Musik aus den Lautsprechern und Lehrkräfte Werfen dafür eingesetzt, darauf zu achten, dass der Körperkontakt zwischen den Geschlechtern nicht Überhand nimmt. Es wird geschwitzt, mitgegröhlt und die High Heels liegen neben der Tanzfläche im Gras. Anschließend geht man meistens noch Essen, Homecoming endet nämlich gegen 11 abends. Dass Amerika prüde ist, hab ich spätestens seit dem Erlebnis nicht mehr gedacht. 



So. Dieses schicke Outfit nennt man einen Gi. Seit ich mit Jiu Jitsu angefangen habe, trage ich dieses Teil dreimal pro Woche. Und ich bin jedes Mal froh, wenn ich es nach einer Stunde wieder ablegen kann. Man schwitzt darunter nämlich ein wenig. 
Seit ungefähr einem Monat besuche ich das Gracie Barra Studio in meiner Nähe. Klingt wie aus einer Fernsehwerbung geklaut. Gracie Barra dreht sich eigentlich nur um Jiu Jitsu. Das ist eine Sportart zur Selbstverteidigung. Ich weiß nicht so genau, wie ich das beschreiben soll. Außerdem wird Boxing angeboten und Kickboxing. Ich mache jetzt also dreimal pro Woche Jiu Jitsu und Kickboxing. Das schafft mich ganz schön.  Mithilfe einer gesünderen Ernährung hätte ich jetzt wahrscheinlich schon längst abgenommen. Aber dagegen wehre ich mich hartnäckig, indem ich zum Beispiel zweimal pro Woche beim Cici's Pizza Buffet esse. Da gibt es Pizza mit Nutella, Pizza mit Mac'n'Cheese, Pizza mit Apfelzimtbelag und immer so weiter. Mama hat mir meinen Regenmantel aus Deutschland zugeschickt. Heute habe ich ihn versucht zuzumachen. Das war ein Fehler. Er geht nämlich nicht mehr zu. Überraschung! Ich hätte darauf kommen können, als meine Hosen langsam enger wurden. Aber wie so ziemlich jeder Zunehmende bin ich natürlich davon ausgegangen, dass nicht der Umfang meiner Oberschenkel zunimmt, sondern die Waschmaschine einfach zu heiß wäscht und die Hosen dadurch schrumpfen. Aber sicher. Jetzt wurde ich eines Besseren belehrt und ich wünschte, ich wäre weiterhin unwissend. 


 
Dieses Bild zeige ich euch nicht wegen des Bildes, sondern viel mehr wegen des Themas, für das es steht. 
Das war, als Alyssa und ich vor ein paar Wochenenden gearbeitet haben. Die kennt einen Caterer, der ab und zu Hilfe braucht. Also sind wir auf einer Hochzeit eingesprungen, haben ohne Ende Baguette geschnippelt, Gemüse gewaschen, Platten voller Früchte hergerichtet, in Riesentöpfen Suppe umgerührt und Plastikbesteck in Servietten eingewickelt. Die Hochzeit, auf der wir anschließend gekellnert haben, war unglaublich schön und ebenso teuer. Alles war vom Feinsten. Band, Location, Essen.. Das Arbeiten hat wirklich Spaß gemacht. Ich habe vorher in Deutschland schon gekellnert und das ist eine Sache, die ich darum eben kann. Getränke ausgeben ist zugegeben nicht gerade eine Kunst, aber in einem Land, in den man ohne Auto nicht weiter als bis an die nächste Straßenecke kommt, fühlt dich ein bisschen Selbstständigkeit (in diesem Fall also arbeiten) ganz wunderbar an. Auf drei Punkte möchte ich damit jetzt überleiten. 
1.) auf den meisten amerikanischen Veranstaltungen fließt kein Alkohol. Auch nicht auf dieser Hochzeit. Damit stimmt das Klischee, dass Deutsche dauernd nur Bier trinken, also irgendwie zu. Wenn sich das mal so vergleicht zumindest. Das Anti-Alkohol-Zeug ist alles ein Überbleibsel der Prohibitions-Bewegung. Mit dem 18th Admendment wollte man das Herstellen, Transportieren und Verkaufen von Alkohol verbieten. Das war aber so schwerumzusetzen,   dass es ungefähr 20 Jahre später in den 1940ern schon wieder aufgelöst wurde. Man dachte sich, ein Alkoholverbot würde häusliche Gewalt unterbinden, Armut bekämpfen und die Arbeiter würden mehr Leistung bringen. Alkohol zu trinken war nicht verboten. Man musste ihn sich eben nur irgendwie beschaffen können. Angeblich wurde in den Jahren des Verbots mehr Alkohol getrunken als während irgendeiner anderen Zeit in Amerika. Der traditionsbewusste Süden ist noch immer sehr gegen Alkohol. Darum kommen Jugendliche in meinem Alter hier nie an Alkohol. Ihre Eltern haben einfach nichts im Schrank stehen, was man mal rausschmuggeln könnte. Dafür  kiffen hier aber alle. Jemanden zu finden, der nicht kifft, ist sozusagen unmöglich. 
2.) "Ohne Auto kommt man hier nicht weiter als bis an die nächste Straßenecke". Tatsächlich ist das so. Ich hab mich letztens wie ein Kind gefreut, als ich zum nächsten Drogeriemarkt gejoggt bin und dementsprechend etwas ohne die Hilfe eines Autofahrers geschafft habe und der Fußweg auch nur zweimal plötzlich endete oder in Gras überging. Viel mehr als den Drogeriemarkt erreiche ich aber auch nicht. Nur ein Fitnessstudio, ein Sonnenstudio, eine Wäscherei, ein Nagelstudio und zwei Pizzabäckereien. Das war ein echtes Erfolgserlebnis. Aber fußgängerfreundlich ist wirklich was anderes. Ohne Auto ist man hier verloren. Und ratet, wer nicht fahren darf. 
3.) "Plastikbesteck in Servietten eingewickelt". Selbst auf dieser unfassbar teuren Hochzeit war das Besteck aus Plastik. Ich glaube, ich habe noch nie in meinem Leben so einfach abgeräumt. Man kann nämlich alles in eine Tüte schmeißen. Die Teller sind aus Styropor, die Becher aus Pappe, das Besteck aus Plastik, die Tischdecken aus Papier. Man spart also wirklich an Wasser, dadurch, dass keiner abwaschen muss. Ich hab mich aber wirklich erschrocken, als ich dann die Berge an Müll gesehen habe, die allein an diesem Abend anfielen. Dreißig Säcke, feinsäuberlich vor dem Gebäude aufgereiht. Ich frage mich, wie groß die Wagen der Müllabfuhr sind. Der Müll Word hier übrigens nicht getrennt. Nicht mal Glas oder sowas. Und der Müll Wird von Gefängnisinsassen abgeholt, mit denen man partout nicht sprechen darf. Und wenn doch, dann gibt's Strafe. 

Später mehr :) 


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