Freitag, 13. September 2013

So viel passiert und so wenig Zeit ...


Ich bin gerade von meinem ersten Football Game zurückgekommen. Selbst ein so wenig sportbegeisterter Mensch wie ich kann Gefallen an Sport finden. - Solange er mit einer Packung Käsenachos auf dem Schoß zelebriert wird. 
Der Teamgeist hier ist wirklich ansteckend. Dieses Spiel war das dritte der Saison. Für gewöhnlich pickt sich die Mannschaft ihr aussichtsreichstes Spiel raus und ernennt dieses zum Homecoming Game. Tjaaa. Das Team der Northside High School ist wirklich schlecht. Und wenn ich von wirklch schlecht rede, dann meine ich auch tatsächlichaußergewöhnlich schlecht.    Darum war die Auswahl nicht allzu groß. Und wiederum darum ist morgen schon der Homecoming Ball. Unser 'aussichtsreichstes Spiel' haben wir allerdings triumphal mit 29:3 verloren. Go Patriots! Die Stimmung unter den Footballern (Prestige-Objekt der Schule schlechthin) könnte also etwas gedrückt sein. Nichts desto trotz haben wir auf den Tribünen wirklich alles gegeben. Wir haben unsere Fan-Shirts getragen und gejubelt und geschrien. So sehr, dass ich jetzt heiser bin. 
Wer dem Irrtum auferlegen ist, das Cheerleader-sein wäre der American Dream, dem geht es so wie mir. Nur wurde ich jetzt eines Besseren belehrt. Ich möchte den Wunsch, Cheerleader zu sein, niemals geäußert haben. Die cheerleader stehen mit dem Rücken zum Feld, um die Zuschauer anzuspornen. Problem dabei: Selbst amerikanische High School Cheerleaderinnen haben keine Augen im Rücken oder Hinterkopf. Anfliegende Football-Bälle (in Ermangelung eines besseren Wortes) können leider nicht gesehen werden. Darum ist gleich zweimal ein und dasselbe Mädchen getroffen worden. 
Ich hab gelacht, ich geb's zu.  Aber nur weil die Klischees zutreffen! Cheerleader sind dümmlich und Footballer fühlen sich zu ihnen hingezogen und sind glatt noch dümmlicher. In meinem Geschichtsunterricht sitzt ein besonders interessantes Exemplar. Keydon ist der Star auf dem Feld. Die strahlende Nummer 27. Keydon läuft mit einem völlig weltfremden Gesicht durch die Gegend und kommt jede Stunde zu spät. Versteht mich nicht falsch, man sieht sich sein weltfremdes Gesicht wirklich gerne an (denn auch dieses Klischee stimmt, Footballer sind heiß!). Aber Keydon hat amerikanisches Toastbrot im Kopf. Oder Sandwichbrot. Was auch immer, nichts davon hat wirklich die Bezeichnung Brot verdient. Es ist abartig! Zurück zu meinem liebsten Keydon: Er kann sich nicht mal die Schuhe richtig anziehen. Von seinen Antworten im Unterricht gar nicht erst anzufangen. Gestern wollte er uns doch tatsächlich allen erzählen, dass die Westküste als erstes besiedelt wurde. Als Miss Walker ihm dann gezeigt hat, welche die Westküste ist, hat er sich überhaupt nicht beirren lassen. Sind die Europäer halt einen kleinen Umweg gefahren. Und obwohl wir nun wirklich schon seit mehr als 5 Wochen Sklaverei in den Südstaaten und Industrie in den New England Colonies behandeln (ich meine, er LEBT in den Südstaaten), musste Keydon erstmal aufgeklärt werden, womit uns denn hier überhaupt befinden. Armer Junge. Da fällt einem dann wirklich nicht mehr so viel zu ein. 



Ich kann übrigens immer noch nicht genug, von den Käfern hier bekommen. Vor ein paar Tagen hab ich eine Grille auf unserer Auffahrt gefunden. Eine von der Sorte  Flip, die mich angegriffen hat. Ich habe meine Profikamera geholt, mich auf den Boden gelegt und angefangen, sie aus allen möglichen Perspektiven zu fotografieren. Die Bilder erspare ich euch. Ich hatte nie fotografisches Talent. Aber Nahaufnahmen  von einem toten Insekt mit einer Profikamera sind ja auch nicht so eine Herausforderung. Ich erspare euch die Bilder, diese Beine sind nämlich nichts für schwache Nerven. Mama hat gesagt, ich soll einen Käferblog einrichten, damit mein normaler Blog sich nicht dauernd nur um Käfer dreht. Und ich denke wirklich über diesen Vorschlag nach. Ich hatte nämlich gestern tatsächlich wieder ein Begrüßungskommitee auf der Auffahrt vor unserem Haus bestehen aus zwei hässlichen fetten Flips und einem plattgefahrenen großen hellbraunen Ding mit Flügeln. Sowas sollte alles im Käferblog landen, findet ihr nicht? 


Auf dem Weg zur Kirche hat Oma mir mit einer Postkarte den Tag versüßt und mir das Kirchen-Blabla erträglich gemacht. An manchen Tagen gefällt mir die Kirche ja wirklich. Ich glaube, ich habe euch nie erklärt, wie das hier so läuft. 
Kirche ist hier nicht so wie meistens in Deutschland. Die Amis ticken anders und das spiegelt auch ihre Kirche wider. Wer sich 'meine' Kirche mal angucken möchte, der braucht einfach nur Rivertown Church Columbus Georgia googlen. Hostdaddy David lädt da alle Gittesdiente hoch und Fotos gibt's natürlich auch eine Menge zu gucken. Auf jeden Fall kann man sich die Kirche hier ganz gut geben. Die Stühle sind bequem und gepolstert und morgenmuffelfreundlich wird ein zweiter Gottesdienst sonntags um 11 angeboten. Das ist ganz meiner. Mit Krispy Kreme Doughnuts und Kaffee. Die Kircheneigene Band dudelt ein paar Lieder und das ist alles sehr erträglich. Außerdem gibt es mittwochs in der Youth Group immer Pizza. Und zwar nicht irgendeine Pizza, sondern Papa John's Pizza. Und die ist wirklich göttlich. Solltet ihr mal in Amerika sein, dann geht nicht zu den Restaurants, die Pizza als "italienische Pizza" anpreisen. Geht zu denen, die Pizza unter Fast Food aufführen. Das ist 'Merica Pizza wie sie sich gehört. Mit dickem Boden und viel Käse, der vermutlich nicht aus echter Milch gemacht ist. Ich muss demnächst mal einen Post ganz dem Essen widmen. Dazu gibt es nämlich nach beinah sechs Monaten so einiges zu berichten. Nicht nur Gutes. Das Wort  Frankenstein-Effekt im Zusammenhang mit unschuldigen, fröhlich gelben Maiskörnern kann einem glatt den Appetit rauben. 
Aber zurück zur Kirche und zur Youth Group. Die Youth Group ist sowas wie Bibelunterricht. Jeden Mittwoch ein neuer Vers. Aber die Eindringlichkeit, mit der in der Youth Group vermittelt wird, ist gewöhnungsbedürftig.
Am Mittwoch war elfter September, der zwölfte Jahrestag der Anschläge auf das World Trade Center also. Und unser Youth Pastor hat in genau dieser Stunde am Mittwoch sich darüber ausgelassen, dass, wenn Gott zu uns spricht, wir einfach machen sollen, was er sagt. Egal, wie sehr wir uns auch innerlich dagegen sträuben mögen und egal, ob wir das für eine gute Idee halten. Es ist Gottes Plan für uns. Dem aufmerksamen Leser geht jetzt ein Licht auf. Moment, eben hat sie doch noch von den Angriffen aufs World Trade Center gesprochen oder? Fanden die nicht genau aus dem Grund statt, weil ein paar kleine Islamisten meinten, Allah ~ Gott habe zu ihnen gesprochen und gemeint, sie sollten zwei Flugzeuge darein krachen? Ja, genau das wurde uns in dieser Stunde vermittelt. Und da ich die baptistische Gehirnwäsche noch nicht verinnerlicht habe, weil ich mich dagegen sträube zu akzeptieren, dass wir alle durchweg Sünder sind, hinterfrage ich doch tatsächlich die Richtigkeit Pastor Dana's Aussage. Ich bin ein Sünder, oh ja! 
Ich hoffe, David übersetzt sich diesen Text jetzt nicht. Letztens kam er ganz stolz an und meinte, dass er meinen Blog gelesen hat. Meinen ziemlichen dummen Gesichtsausdruck hat er vermutlich als ein "Wie das denn?" gewertet und mir dann gezeigt, wie hervorragend und beinahe fehlerfrei der Google Übersetzer funktioniert. Er ist Besorgnis erregend gut, das kann ich euch versichern. 

Ich würde so gerne mehr schreiben, aber in meiner Zeitzone ist es jetzt schon halb ein Uhr nachts und morgen früh um 9 beginnt meine erste Kickboxingstunde. Darum müsst ihr mir den nicht ganz so informativen Post verzeihen. Ich freue mich, meine müden Glieder morgen mal so richtig mit Seilspringen und Sit ups zu quälen. 


Habt einen wunderbaren Tag im verregneten Deutschland. Ich verfolge eher Wetter leidenschaftlich, bei mir ist nämlich immer Sommer :) 

Montag, 9. September 2013

Zarte Annäherungsversuche.


Ich habe ein paar interessante Tage hinter mir. Seid gespannt auf meinen nächsten Post. Nicht dass ich euch neugierig machen wollen würde oder so. 


Sonntag, 8. September 2013

Disgusting, gross and scary. Greetings from the South :)

Mein Kulturschock besteht hauptsachlich aus zwei Teil-Kulturschocks. Während ich mich Teil 1 - der Kirche - langsam aber sicher annähere, werde  ich Kulturteilschock Nummer 2 wohl niemals so ganz überwinden: die faszinierende und ekelerregende Tierwelt der Südstaaten. 


Ich werde niemals müde, schlechte Amateur-Aufnahmen übergroßer Käfer zu machen. Von diesem Exemplar wurde ich heute angegriffen. Wie sich herausstellte, ist das hier ein Grashüpfer. Nur hat der hier nichts mehr von dem freundlichen Grünen aus Biene Maja (hieß er Flip?). Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich trotz Dorfkind-Dasein angenommen habe, dass Flip irgendwas anderes ist und dass er mit seinen Beinen ja vielleicht hüpfen könnte, ist mir gar nicht in den Sinn gekommen. Flip hat den Kameraauslöseton als Bedrohung wahrgenommen und mich angefallen. Ganz Grashüpfer-Bosslike. Also darum vielleicht eher angesprungen.
Das Bild von dem kreischenden, kostümierten Mädchen (heute war 80ies Day in der Kirche, darum verkleidet), das wie verrückt auf einen Grashüpfer eintritt, der schon gar nicht mehr am Boden ist, muss herzerwärmend gewesen sein. Trotzdem werde ich meine neugewonnene Leidenschaft nicht aufgeben. Es ist Gottes Plan für mich, eines Tages ein professioneller Käfer-Fotograf zu werden. Ich bin mir sicher. Auch wenn der Weg dahin steinig ist. Und gespickt mit sechs- bis achtbeinigen Kreaturen. Tausendfüßler sind mir hier ja zum Glück noch nicht begegnet. 

Sonntag, 1. September 2013

Sammelsurium #1



Ich passe mich jetzt langsam den Südstaaten an. Ich darf zwar noch keinen Truck fahren und Football und seine Beliebtheit sind mir weiterhin ein Rätsel, aber ich bin mir sicher, das kommt alles noch. Die Cowboystiefel fehlen mir zu meinem Outfit übrigens auch noch, aber ich bin schon gar nicht mehr so abgeneigt. Und ohne kann ich ja wohl wirklich nicht nach Hause kommen!


Dieser Post wird ein Bilderwirrwarr. Ich hab's versäumt, den zweiten Teil von Alabama zu posten. Entschuldigung dafür. Aber er war eh nicht so aufregend. Shoppen, Strand, Kirmes und dazwischen viel zu viel Essen. Dass ich langsam eine Diät halten muss, ist mir klar. Wie immer leichter gesagt als getan, bei so 
einem Überangebot an Essen. Das komische Ding in der Mitte ist ein Salat. Für 8$ in einer Schüssel aus Brot serviert. Damit könnte man ein afrikanisches Dorf eine ganze Woche ernähren. Aber warum auch? This is 'Merica! Und alles außerhalb davon ist uninteressant. Yeah. 

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So sieht Einkaufen hier aus. Mal eben den Kilo Feta in den Wagen gelegt zur Monatspackung Texas Toast und dem Jahresvorrat an Fake-Käse. Fake-Käse darum, weil er nicht mal aus echter Milch ist. Fragt mich nicht, was die stattdessen benutzen. Ich will's auch gar nicht wissen. Ich kann kein ganzes Jahr auf Käse verzichten und dabei müsste ich das wahrscheinlich, wenn ich wüsste, was drin ist. Während in Deutschland der chemisch gereifte Babybel schon ein Skandal war (ich weiß nicht, wie's mit euch aussieht, aber für mich war's einer), ist man hier stolz darauf, "with real milk!" auf die Packung drucken zu können. Ein Hoch auf 'Merica!


So kaufen die dicken Menschen hier übrigens ein. Gut, sie war nicht dick. Sie war bloß faul, ich hab sie zum Auto laufen sehen und sie war zu Fuß besser drauf als ich an diesem Morgen. Aber um mal zum Thema zurückzukommen: Mir ist keine bessere Under-Cover-Fotografie gelungen. Und es geht ja um das Gerät und nicht um die 300-Kilo-Monster, deren Po-Backen für gewöhnlich den Sitz förmlich verschlingen und die an den Seiten runterhängen und lustig in Fahrtrhythmus (Stand - Stop) mitschwingen. Ich würde sowas niemals öffentlich zelebrieren! Neeein. Aber stellt es euch ruhig mal vor. :)


Ich bin dank Caramel-Macciato jetzt übrigens kaffeesüchtig. Und kürzere Haare hab ich. Auch wenn ich das mittlerweile schon ziemlich bereue. Friseure sind überraschend teuer. Für einen normalen Friseur-Besuch kann man hier mal eben 50$ lassen. Das liegt an den hohen Mindestlöhnen hier. Aber Hostdaddy David hat Connections. Das Kirchenmensch-Dasein hat so seine Vorteile. Also hab ich Waschen-Schneiden-Stylen für 20 bekommen. Ich Glückspilz!


Das war in Atlanta. Wir waren Samstag da und sind nur ein bisschen durch die Gegend gelaufen. Wobei laufen nicht der richtige Ausdruck ist. Eher "sich durch die Massen schieben" trifft es. Dieses Wochenende ist nämlich Dragon-Con in Atlanta. Und im Gegensatz zu deutschen Fantasie-Tagungen laufen hier entspannend wenige Anime-Wesen rum. Dafür umso mehr World-of-Warcraft-Charaktere mit einer Wonderwoman an ihrer Seite. Wahlweise auch einer Mitt-Vierzigerin in Lack und Leder. Nicht immer empfehlenswert. 


Sie war schon eher ansehnlich. Auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin, was sie darstellt. Aber teuer und interessant sah's allemal aus. 





 Ich war übrigens in Florida. Ungefähr 5 Minuten. Solange wie wir für dieses unglaubliche Foto eben gebraucht haben. - Seid neidisch!


Hinter uns der Ausblick, den man vom 11. Stock aus genießt. Das war unsere Luxus-Suite im Hampton-Inn. Zwei Tage wie ein König leben.


Und dann ging's hierher zurück. Klingt jetzt negativ oder? Meine ich aber nicht so. Das Haus ist toll. Und Wesentlich größer, als es hier jetzt aussieht. Das links mit dem Erker-Fenster ist mein Zimmer. Die Jalousien nerven mich. Aber sie sind notwendig, weil man von der Straße aus volle Sicht hier rein hat. 


 Und zu guter Letzt noch Graham. Fünf Minuten nach diesem Bild war er schon nur noch halb so süß, weil er rumgezickt hat. Graham ist eine echte Diva! 

Morgen ist schulfrei, weil dieses Wochenende Labour-Day ist. Tag der Arbeiterschaft, vermute ich. Wir fahren zu Oma Gigee. Gleich geht's los und so ganz motiviert bin ich noch nicht, mein Bett hält mich in seiner Gefangenschaft.