Donnerstag, 15. August 2013

Schule, Essen, Schlafen - Mein Leben in den Staaten

Ich zähle die Tage. Oder eher die Wochen. Gute anderthalb Wochen, fast zwei sind schon rum. Das heißt, nur noch 9 Monate und zwei Wochen bis nach Hause. Eine wahnsinnslange Zeit. Ich bin momentan ziemlich "homesick". Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das normal für den Anfang ist. Für mich ist es zumindest normal, darum hab ich auch nichts anderes erwartet. Alles, was ich habe, ist drüben. Ich brauche jetzt erstmal Zeit, um mich einzugewöhnen und anzukommen. Irgendwo in meinem Kopf halte ich immer noch an dem Gedanken fest, dass das hier nur ein Urlaub ist. Und kurz vor Schulbeginn in Deutschland bin ich wieder zurück. Schön wär's. Vermutlich mache ich gerade einen ziemlich verbitterten Eindruck.
Tja, also was soll ich sagen. Nach ungefähr 6 Stundenplanänderungen hab ich jetzt keine Zeit mehr für die Theateraufführung, weil stattdessen das unfassbar wichtige Fach "Intro to Buisness&Technology" an dessen Stelle gerückt ist. Und so wichtig das auch klingen mag: Es hält nicht mal ansatzweise, was es verspricht. B&T ist Zeit absitzen auf höchstem Niveau. Wir sitzen in einem der 6 verschiedenen Computerkabinetts und dürfen 3 verschiedene Websites besuchen: Googlemail, die Schulhomepage der Northside High School und freerice.com. Den Sinn dahinter habe ich noch nicht ganz durchschaut. Irgendwie erspielt man durch richtige Antworten Reis für Hungernde. Oder so. Die Fragen gehen allerdings (ungelogen) in Richtung 5 + 2 = ... ? und dann hat man Multiple Choice: 3; 7; 25; 8. Das ist schon echt erhöhter Schwierigkeitsgrad. Immerhin bin ich durch B&T aus American Literatur raus. Nachdem sich nämlich herausgestellt hat, dass die gute Frau Dr. Williams (eine Schwarze mit langen, fettigen blondierten Haaren - wie die ihren Doktertitel erworben hat ist mir ein Rätsel. Vielleicht gab's den aus Mitleid für einen so talentfreien und vermutlich auch blinden Friseur geschenkt..?) mich in den falschen Jahrgang gesteckt hat. Also bin ich seit Montag nicht länger mehr ein Sophomore sondern darf mich jetzt Junior nennen. Ich bin nämlich jetzt ein eleventh grader. Und damit fielen World Literature und World History weg und wurden stattdessen durch American History und American Literature ersetzt. Problem bei der Sache ist nur, dass mir World Literature schon Schwierigkeiten bereitet hat. American Literature war da nochmal eine Stufe drüber. Ms Scarborough, die Lehrerin für dieses Fach, hat mich in die Klasse gesetzt und mir einen Stapel Blätter in die Hand gedrückt. 3 Seiten sprachliche Mittel (insgesamt 44 Stück) aus denen ich mir bis Freitag 30 Stück aussuchen sollte und daraus ein (Überraschung!) 30-seitiges Portfolio mit Deckblatt, Definitionen, Beispielen und Bildern machen sollte. Das war ein Schock. Zu viel Schock für mich, denn ich habe die dicken Tränen nur mit Mühe zurückhalten können. Ich war völlig überfordert und hab mich komplett alleingelassen gefühlt. Tags darauf saß ich also wieder beim Counsellor im Büro und hab so lange rumargumentiert, bis ich aus diesem Kurs rausdrufte. Pech gehabt, Ms Scarborough.
 Ich bin jedenfalls einfach nur heidenfroh, jetzt meine Zeit in B&T absitzen zu dürfen. Ich habe Paloma neben mir. Ich glaube, von Paloma habe ich euch noch nicht erzählt. Paloma ist das Beste, was mir neben Mr Calla hier passieren konnte. Paloma ist eine Austauschschülerin aus Madrid. Lustigerweise hat sie ein Ferienhaus in Benidorm. Das ist nahe dem Ort, wo meine Großeltern jedes Jahr überwintern und wir ab und zu den Sommer verbringen. Ich hab jedenfalls durch Palomas Bekanntschaft schon eine Einladung für 2014 :D Hier in Columbus wohnt sie nur 2 Häuser weiter. Außerdem gehen wir auf dieselbe Schule. Es tut unheimlich gut, jemanden zu haben, der genau weiß, wie es einem selbst geht. Allein, hilflos und unheimlich weit weg von allem, was man kennt und gewohnt ist. Fühlt sich nicht sooo toll an, das kann ich euch versichern.
Aber zum Glück gibt es hier auch ein paar Lichtblicke. Zum Beispiel das Essen. Wer richtig essen will, der muss nach Columbus, GA kommen. Besucht mich. Columbus ist nämlich einer der größten Armee-Stützpunkte in Amerika. Und aufgrund der vielen Soldaten, denen die Regierung natürlich ganz schön was bieten möchte, gibt es hier tausende Restaurants aller Arten. Mein Favorit ist dabei das ihop. Das International House Of Pancake. Besonders international ist daran zwar nichts, aber das ihop ist definitiv ein Ort zum Fettwerden. Und zwar so richtig. Die Amis essen am liebsten alles zusammen und davon dann viel. So kommt es, dass auf der ganz normalen Menü-Karte 5 Zentimeter-dicke Pfannkuchen mit verschiedenen Sorten süßen Sirups angeboten werden und dazu dann Bacon und Pommes. An die Kombi muss man sich wirklich erstmal gewöhnen. Im ihop war es aufgrund der vielen süßen Speisen ziemlich einfach, vegetarisch zu essen. Als wir beim Mexikaner waren, sah das Ganze schon anders aus. Vegetarisch: nichts. Außer Nachos mit dick Käsesoße. Gut, das klingt vielleicht nicht schlecht, aber die 700 Gramm Portion konnte ich meinem Gewissen - und vor allem meinem Bauch - wirklich nicht zumuten. Darum, dachte ich, bin ich schlau und nehme die Enchilladas mit Käse und Salat. An den Tisch kam ein Teller mit viel Salat - nur von den Enchilladas fehlte jede Spur. Die waren nämlich unter dem Salat begraben und nicht mit Käse überbacken, wie ich mir das vorgestellt habe, sondern mit Käse gefüllt. Kennt ihr diese abgepackten Blöcke Goudakäse aus dem Aldi zum Beispiel? Ich glaube, so einen hab ich mir damit an einem Tag reingehauen. # YOLO. In meinen bisherigen 11 Tagen hab ich außerdem schon bei Mellow Mushroom gegessen (einem Pizzarestaurant) und smores. Smores sind ein echt amerikanisches Ding. Über dem Feuer geröstete Marshmallows eingebettet in zwei Honigkekse und Schokolade. Das war dann selbst mir zu süß.
 Aber allein für das Machen hat es sich gelohnt, Paloma, ich und ein paar andere haben nämlich einen echt lustigen tag am Pool verbracht. Sowas motiviert und gibt Hoffnung, dass man nicht für immer nur der Austauschschüler aus der Ferne bleibt. Die Leute hier sind wirklich nett. Nicht so offen wie erwartet, aber nett. Man muss nur aufpassen vor der Oberflächlichkeit einiger Leute. Das klingt beinahe so, als würde ich indirekt auf mich anspielen. Tue ich aber nicht. Ich meine die Leute, die mit dir befreundet sein wollen, weil du anders bist und was Neues. Man merkt aber ziemlich schnell hier, woran man ist.
Solange ich in der Schule bin, geht es mir meistens ziemlich gut. Dafür hab ich morgens immer ziemlich Heimweh. Ich kann die Nächte kaum schlafen, hab Albträume und solche Schlummerzustände, in denen man halbwach ist und sich danach nicht sicher ist, ob das, was man eben geträumt hat, jetzt real ist oder nicht. Ich quatsche also öfters mitten in der Nacht ins Nichts. 
However. Mir geht es jedenfalls gut hier. Zu meiner Gastfamilie werde ich vielleicht nächstes Mal ein bisschen was schreiben. Obwohl ich mich da nicht im Wort vergreifen darf, Google Übersetzer von Deutsch in Englisch ist nämlich überraschend gut. Nur so viel sei gesagt: Baptisten versuchen immer und überall und zu jeder Tages- und Nachtzeit zu missionieren. Besonders baptistische Pastoren. Hust. 
Liebe Grüße ins heißgeliebte Deutschland. Ich vermiss' euch! ♥

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